Sommercamping kann jeder. Im Herbst ist es auch noch einfach, jedoch ist das nasskalte Wetter oft sehr ungemütlich, und nach einer Wanderung freut man sich, im wohlig warmen Camper zu sitzen.
Bevor es aber gemütlich wird, muss erst einmal Ordnung geschaffen werden. Im Eingangsbereich an der Schiebetür liegt ein Handtuch, das als Fußmatte für Hundepfoten und Füße dient. Die klatschnasse Regenkleidung landet direkt im kleinen Badezimmer, das als Trockenraum genutzt wird. Die Schuhe werden in einer Schale hinter dem Fahrersitz unter dem Lenkrad verstaut. Das Hundegeschirr steht bei dem nassen Wetter vor Dreck und wird im Hundehandtuch ebenso im Trockenraum direkt vor dem Heizungsauslass deponiert, um dort zu trocknen. Das Geschirr wird, wenn möglich, draußen abgespült und getrocknet - es sei denn, es schüttet aus Eimern, dann ist man froh, dass man auch direkt eine Küche an Board hat. Das Wäschewaschen und Bett beziehen bei diesem herbstlichen Schmuddelwetter ist auch sehr abenteuerlich, und man muss sich beeilen, dass nicht gleich wieder alles nass wird.
Auch der Hund fühlt sich bei Regen manchmal alles andere als Pudelwohl. Bei ungemütlichen, nasskalten Temperaturen wird gezittert, und wir holen das erste Mal das Hundemäntelchen raus.
Plötzlich ist es soweit, man ist mittendrin im Wintercamping-Modus. Vorweg ist zu sagen, es macht riesigen Spaß, und wir werden es wieder tun! An manchen Tagen steht man vor Herausforderungen, und es gibt Momente, die Nerven aus Stahl verlangen. Von den Schweden haben wir aber gelernt: es gibt keine Probleme, sondern nur Lösungen.
Viele Campingplätze haben zu dieser Jahreszeit schon geschlossen, und somit gibt es auch weniger Entsorgungsstationen auf dem Weg.
Frischwasser kann in der Zeit nur über einen kleinen Kanister aufgefüllt und Grau- und Schwarzwassertanks oft nur über die normalen Toiletten entleert werden. Das braucht ein wenig Übung und den richtigen Schwung, aber auch das funktioniert. Weiter gehen wir darauf jetzt mal nicht ein.
Für das Wechseln der Gasflasche(n) in der kalten Jahreszeit bedarf es meiner Meinung nach die stärksten Nerven. Thorsten übernimmt die schweißtreibende Aufgabe und wechselt alle paar Tage zwei 11 Kilo Gasflaschen in einem winzigen Raum in der Heckgarage. Laut Herstellerangaben passen sie genau rein, Hände fürs Verstauen sind da aber wohl nicht wirklich mit eingerechnet.
Liebes Werk, falls ihr das hier lest, überdenkt doch mal, ob es nicht sinnvoll wäre, das Gasflaschenfach vielleicht zwei Zentimeter größer zu machen. Gerade bei der Kälte ist es ein Akt der Verzweiflung. Das Wechseln der Flasche wird begleitet von üblen Kraftausdrücken und endet eigentlich immer mit bösen Flüchen an den Fahrzeugbauer und einer Schramme an der Hand.
Wenn man monatelang im Camper unterwegs ist, ändert sich das Temperaturempfinden enorm. Die Gasheizung haben wir auf 15 Grad eingestellt. Nachts ist uns das oft sogar stellenweise zu warm und das, obwohl wir immer mit offenem Dachfenster schlafen.
Die Kälte hier im Norden ist trocken, und so kann man problemlos bei 0 Grad und Sonnenschein im T-Shirt draußen stehen, solange kein Wind geht. Zum Duschen auf dem Stellplatz geht es in Flip-Flops, auch bei -8 Grad.
Das tollste aber ist, wenn man barfuß aus dem Camper auf den eiskalten oder sogar verschneiten Boden springt und dann erst in die Flipflops schlüpft. Die Kälte erfasst den ganzen Körper, und man freut sich umso mehr auf eine heiße Dusche. Mit warmen Füßen und nassen Haaren geht es dann wieder über den ganzen Platz zurück. Der Wechsel zwischen Warm und Kalt ist ein unendlicher Boost für das Immunsystem, eine Erkältung haben wir bisher nicht bekommen. An der Stelle muss gesagt werden, dass wir hier keine Empfehlung aussprechen, sondern nur unser persönliches Empfinden darstellen.
Auch der Hund geht außerordentlich gelassen mit den kälter werdenden Temperaturen um. Teddy gewöhnt sich überaus gut und schnell an die wechselnde Jahreszeit, und ihm wächst plötzlich Fell an Stellen, die hier besser mit einem Piep versehen werden. Seine Unterwolle wird dicht und flauschig, und im Schnee ist er nicht mehr zu halten. Wir haben noch nie so viel Glück in einem Hundeblick gesehen. Obwohl Frau Holle erst ein paar Puderzucker Flocken vom Himmel geschüttelt hat, freut er sich wie verrückt, rollt sich hin und her und spielt Schneeschieber.
Bei zweistelligen Minustemperaturen spielt sich das Leben die meiste Zeit drinnen ab.
Die hellen Stunden des Tages werden draußen verbracht und das so lange wie möglich. Unsere Regel fürs Campen in der dunklen Jahreszeit in Skandinavien: Ausschlafen ist nicht!
Noch immer ist unser Biorhythmus nicht ganz auf die dunkle Zeit eingestellt, das dauert noch eine Weile, bis man sich an die frühe Dunkelheit gewöhnt hat. Oder gewöhnt man sich vielleicht nie daran? Eine Antwort darauf können wir wohl erst nach dem Winter geben.
Nach einem Kaffee am Morgen heißt es raus in die Natur, bei Kälte, Nässe, Nebel, Glatteis. Ganz egal, welche Temperaturen es hat, eine Ausrede gibt es nicht, denn wir haben warme Klamotten und mittlerweile auch Handschuhe sowie Spikes für unsere Schuhe. An manchen Tagen bleibt das Auto stehen, und wir unternehmen alles zu Fuß, was auch mal ganz schön ist.
Wenn es mal nichts zum Sortieren oder Ausmisten gibt, wird nach einer Wanderung gekocht, gelesen, gespielt, ein Film geschaut, und da wir den Winter hier verbringen, auch ein paar Worte schwedisch gelernt. Es ist ganz schön, wenn man ein paar Vokabeln in der Landessprache kennt.
Oft werden wir gefragt, wie es ist, in der kalten Jahreszeit zu zweit mit Hund im kleinen Camper zu leben.
"Geht ihr euch mal auf die Nerven?"
"Gibt es auch mal Streit?"
Unsere Antwort ist: ja und ja! Im Übrigen nicht mehr oder weniger als sonst, das gehört eben dazu. So geht es aber nicht nur uns, sondern eigentlich fast allen Campern, die wir unterwegs treffen und mit denen wir dazu witzige Gespräche führen.
Auf Reisen lernt man, anders mit Konflikten umzugehen, man nimmt es leichter und oft auch humorvoller. Denn sind wir mal ehrlich, oft streitet man sich wegen lapidarer Dinge, und aus einer Mücke wird schnell ein großer Elefant. Auch wir sind nur Menschen, und jeder hat mal beschissene Tage, manchmal mehr, manchmal weniger. Streit gehört dazu, und er fragt nicht, ob es gerade recht ist oder er später wieder vorbeischauen soll.
Im Sommer, während das Leben draußen stattfindet, kann man dem Partner auch mal aus dem Weg gehen, um sich selbst Luft zu machen. Im Winter sieht das anders aus. Natürlich kann man das Weite suchen, wird aber bei minus 10 Grad recht schnell wieder die Wärme suchen. Und das Gespräch. Man kann dem anderen nicht sehr lange aus dem Weg gehen und spricht direkt darüber, wenn einem etwas auf der Seele brennt. Wenn man doch mal so stinkig auf sich selbst, den Partner oder einfach die Welt um einen herum ist, sodass man überhaupt nicht sprechen will, ist der Ärger spätestens beim nächsten Kontakt im Gang zwischen Küche, Bad und Wohn-Essbereich verflogen. Zwei Personen können sich einfach nicht in diesem kleinen Camperflur aneinander vorbeischieben, ohne hängen zu bleiben, und ohne einmal ordentlich zu lachen.
Im Camper haben wir es mehrere Wochen bei den kalten Temperaturen ausgehalten. Unser Van, BibaLasVegas, hat uns wirklich nie im Stich gelassen und mittlerweile über 11.000 Kilometer an wunderschöne, teils sehr entlegene Orte gebracht. Auch in der kalten Zeit hat er immer alles gegeben. Trotz eingefrorener Trittstufe, vereistem Wassertankdeckel, vereisten Fenstern im Innenraum; Das Badezimmer und die Küche konnten immer problemlos genutzt werden, alle Türen und Fenster haben sich jederzeit öffnen und schließen lassen, bis - eines Tages - die Leitungen zum Abwassertank, die außerhalb des Fahrzeugs liegen, eingefroren sind.
Wir haben den 16. November und minus 13 Grad. Draußen ist es noch hell, und es fegt ein eisiger Wind unter dem Auto durch.
Der Grauwassertank ist voll und muss dringend geleert werden. Wir haben vergessen, den Hahn aufzudrehen und einen Eimer unter den Ablass zu stellen. Das Resultat: Der Hahn und der außenliegende Ablauf sind eingefroren. Wir verlegen ein Kabel durch das Badfenster nach außen, eine Isoliermatte und einen Föhn. Und schon geht es los mit noch schlimmeren Flüchen und Kraftausdrücken als beim Wechsel der Gasflasche, denn Thorsten föhnt eine sehr lange Zeit. Es dämmert, es wird dunkel und - er föhnt noch immer. Irgendwann ist es dann soweit: ein kleines Rinnsal beginnt in den Eimer zu tropfen. Irgendwann schießt ein kleiner Eiszapfen aus dem Hahn, der Übeltäter, der alles blockiert hat.
Eimer für Eimer leeren wir den Tank und erleben nach dem Abendessen die nächste Überraschung.
Beim Abwasch fließt das Wasser im Küchenwaschbecken nicht mehr ab. Ernsthaft - schon wieder etwas eingefroren? JA, aber nicht schon wieder, sondern immer noch, denn Küche und Bad haben jeweils EINEN separaten Zulauf zum Abwassertank. Auch der in der Küche ist dicht und ist durch die Kälte eingefroren.
Mittlerweile hat es draußen minus 16 Grad und Thorsten entscheidet nochmal rauszugehen - Mit Verlängerungskabel, Isoliermatte und dem Fön. Nun liegt er also schon wieder unter dem Auto.
Nach gefühlt einer Ewigkeit dann der nächste Erfolg, der letzte kleine Eiszapfen, der die Zuleitung zum Grauwassertank blockiert hat, ist verschwunden. Das Wasser läuft nun auch in der Küche ab, bildet im Eimer aber sofort eine Eisschicht.
Nachdem die Leitungen nun endlich warm und frei geföhnt sind, kontrolliert Thorsten auch noch den Wassertankdeckel. Warum aufhören, wenn man gerade so in Fahrt ist? Auch der Deckel lässt sich nicht mehr bewegen und wird erst dank seiner Föhnkünste wieder geschmeidig.
Und wer denkt, das war unser letzter Tag im Camper bei eisigen Temperaturen, der irrt gewaltig.
Wir sind ziemlich verrückt und haben es noch ein paar Tage länger ausgehalten. Die Leitungen sind in der Zeit dank offenem Hahn alle frei geblieben. Auch das heiße Wasser lief problemlos ab, aber es war dann doch auf Dauer wirklich nervig, dass man nach jedem noch so kleinen Wasserverbrauch direkt wieder in die Kälte muss, um den Eimer zu leeren.
So verbringen wir also unsere vorerst letzte Nacht in unserem fahrenden Mobil. Morgen ziehen wir um.