Die Landschaftskulisse mit Bergen, Fjorden, kleinen roten Häuschen und weißen Sandstränden, die schier endlos erscheinen, ist beeindruckend. Obwohl wir außerhalb der Ferien- und der Sommersaison reisen, können wir an manchen Ecken gar nicht glauben, wie zugepflastert die Parkplätze noch sind. Auf der Inselkette Lofoten, die insgesamt aus 80 Inseln besteht, leben ca. 25.000 Menschen. Im Jahr kommen über eine Million Touristen hierher. Darunter gibt es leider einige, die sich rücksichtslos den Einheimischen gegenüber verhalten. Sie lassen Drohnen direkt über Wohngebieten steigen, parken auf der Straße, nur um kurz das beste Foto zu erhaschen, kleben Ortsschilder bis zur Unkenntlichkeit mit ihren mitgebrachten Aufklebern zu und Camping Toiletten werden gerne in Waschbecken geleert oder gleich direkt in der Natur ausgekippt. Kein Wunder, dass an vielen Stellen ein kleiner Wald aus Verbotsschildern aufgestellt wird. Respekt vor Natur, Umwelt und den Einheimischen scheint mancherorts leider ein Fremdwort zu sein.
Wir schauen uns Svolvær, die mit über 4500 Einwohnern größte Stadt der Lofoten, an. Auf der Weiterfahrt kommen wir an der Vågan-Kirche vorbei. Aufgrund ihrer Größe bietet sie Platz für bis zu 1200 Gottesdienst Teilnehmern und wird daher auch Lofoten Kathedrale genannt.
Wir folgen weiterhin der Europastraße 10, umrunden so mehrere Inseln und fahren bis zum Haukland Strand. Dort möchten wir gerne mit dem Hund spazieren gehen, nur leider sind alle Parkplätze belegt. Auch die kleinen Parkbuchten am Straßenrand sind mit Campern zugestellt. Also geht es weiter zum Uttakleiv Strand, der ganz in der Nähe liegt. Vielleicht haben wir dort mehr Glück.
Haben wir! Wir vertreten uns die Füße im weißen Sand, machen schöne Fotos und merken, wie hungrig und müde wir von dem langen Tag sind. Hier übernachten wollen wir nicht, und so folgen wir unserem Gefühl und fahren nach einem kurzen Snack in Richtung Abenddämmerung. Wir haben keine Ahnung, wo wir heute übernachten werden.
Alle Park- und Stellplätze, an denen wir vorbeifahren, sind mit Fahrzeugen überfüllt.
So gibt es also nur uns, die Straße und drei Elche, die auf der Wiese stehen und ihr Abendessen vertilgen. Wir sind total überwältigt, dass wir diese riesigen und wunderschönen Wesen in der freien Natur beobachten dürfen und sie nicht nur vom Sofa aus in einem Dokumentarfilm sehen.
Mit einem riesigen breiten Lächeln im Gesicht fahren wir weiter auf der E10, die auf dem Weg immer schmaler wird. Es muss eine Fähre angekommen sein, denn es kommen uns sehr viele Fahrzeuge inklusive Lastwagen entgegen. Es ist mal wieder eine abenteuerliche Fahrt.
Alle haben gesagt, für die Lofoten braucht man mindestens 10 Tage um alles gesehen zu haben. Wir sind an einem Tag fast die gesamte Inselkette und alle möglichen Straßen abgefahren und sind so am ersten Tag schon bis nach Å i Lofoten gekommen. Wer hätte das gedacht?
Bevor die Straße in dem kleinen Örtchen endet, geht es durch einen Tunnel, dann landet man auf einem Busbahnhof. Wir übernachten dort ganz romantisch auf dem Parkplatz zusammen mit vielen anderen Campern.
Nach einem späten Abendessen und einer kurzen Nacht werden wir am nächsten Morgen von klatschenden Autotüren und startenden Motoren geweckt. Zeit aufzustehen! Wir erkunden den Ort und genießen die frische Meeresluft.
Auf dem Rückweg treffen wir eine Frau, die ganz aufgeregt auf uns zuläuft. Sie sucht den Weg zurück zum Busbahnhof, da sie ihr Gepäck dort hat stehen lassen. In Gedanken war sie schon bei der Bäckerei, um eine der leckeren Zimtschnecken zu essen, die es im Ort gibt. Wir begleiten sie zurück und sie erzählt uns von ihrem abendlichen Besuch in einem Restaurant in der Nähe, welches wohl die beste Fischsuppe anbietet. Ihre Euphorie war wohl beim ersten Löffel dahin, sie meinte, sie hätte die Suppe besser selbst gekocht. Wir erreichen den Bus, kurz bevor er wieder abfährt und stellen freudig fest, dass der Koffer noch da ist. So verabschiedet sie sich mit den Worten „Auf Wiedersehen“ und dankt uns für die Begleitung als ihre Guides zurück zu ihrem Gepäck. Schon bei ihrem Besuch in Deutschland hat sie es faszinierend gefunden, dass man immer alle nach dem Weg fragen kann.
Jetzt haben auch wir total Appetit auf eine Zimtschnecke. Zeit für ein Frühstück. In Å möchten wir aber nicht bleiben und so fahren wir nach
Reine.
Dort angekommen, beobachten wir viele Touristen, die auf der Brücke stehen und Fotos machen. Natürlich ist der angrenzende Parkplatz bis auf den letzten Platz belegt. Manche versuchen es trotzdem, sich in einen kleinen Spalt zu drücken. Ob da alle Außenspiegel heil geblieben sind? Es ist eine Freude, dem Spektakel kurz zuzuschauen.
Wir fahren hinunter bis zum Hafen und warten dort, bis das kleine Café im Ort öffnet. Obwohl die Tür noch geschlossen ist, duftet es schon so unglaublich nach Zucker und Zimt. Einen leckeren Kaffee und eine Zimtschnecke lassen wir uns in der wunderschönen Kulisse am Fjord schmecken.
Auf dem Rückweg legen wir einen Stopp in Flakstad ein. Hier stehen wir direkt am Skagsanden Strand.
Es ist Zeit, mal wieder zu waschen; die Wäsche und auch uns selbst. Wir bekommen eine Marke und genießen eine heiße 6-Minuten-Dusche. Mit langen Haaren bedeutet das Vollgas, ansonsten wird es ein Wechselbad und das Wasser schnell eiskalt.
Auch heute spielt uns das Wetter wieder gut zu, und der Regen verspätet sich um einen Tag. Während die Wäsche ihre Runden in der Trommel dreht, sitzen wir dick eingepackt draußen und beobachten das Licht- und Schattenspiel von Sonne und Wolken in den Bergen. Als ob das nicht schon schön genug wäre, haben wir Glück und können zwei Steinadler mit dem Fernglas beobachten. Sie gleiten in gleichmäßigen Kreisen über uns durch die Lüfte.
Wir verbringen Stunden am unendlich langen, weißen Sandstrand. Die Füße werden auch mal ins Nordmeer getaucht, wenn auch nur sehr sehr kurz, denn es ist a***kalt.
Am Abend beobachten wir eine Gruppe, vollgepackt mit Fotoequipment, in Richtung Strand spazieren. Wir denken zuerst an Nordlichter, wie sich aber herausstellt, ist es eine Fotosafari, um den Sonnenuntergang einzufangen.
Zwar sind wir nicht Teil der Gruppe und bekommen keine professionellen Tipps, die Kamera haben wir aber immer dabei. Thorsten macht unglaublich schöne Fotos mit unserem 10 Jahre alten Knips-Apparat, und Teddy tollt wie ein Wilder im Sand herum. Er jagt jede noch so kleine Welle und genießt einfach die Zeit. Der Sonnenuntergang ist magisch und es fühlt sich an, als würde die Zeit für einen Moment still stehen.
Unser nächster Stopp könnte nicht touristischer sein. Zuerst besuchen wir Nusfjord, das am besten erhaltene historische Fischerdorf der Lofoten. Laut archäologischen Funden wurde das Gebiet bereits seit etwa 400 n. Chr. besiedelt. Funde alter Fischerhütten aus dieser Zeit belegen, dass schon damals der Fischfang als Handelsweg genutzt wurde. Noch heute wird in dem Ort hauptsächlich Kabeljau gefangen. Nach der Trocknung auf Holzgestellen wird der Stockfisch nach Italien, Spanien, Portugal und Afrika verkauft. Das Dorf ist in den Sommermonaten ein Freilichtmuseum und man kann dort eine Räucherei, ein Bootshaus, ein Sägewerk und eine Schmiede besichtigen. Alle Gebäude und Räumlichkeiten riechen förmlich nach Geschichte.
Als nächstes geht es in das Städtchen Henningsvær. Sicher ein jeder kennt ihn, den Fußballplatz des Ortes, der eines der Fotomotive schlechthin ist - aus der Luft. Thorsten, als Fußballfan, hatte große Erwartungen an den Ort. Seine Enttäuschung ist groß, denn der Platz des Fotballklubben Lofoten wirkt nur aus der Vogelperspektive besonders. Am Boden der Tatsachen wirkt er auf uns eher wie ein einfacher Bolzplatz. Etwas Besonderes konnten wir dem Platz leider nicht abgewinnen und so sagen wir den Lofoten an diesem Ort Tschüss und fahren weiter nach Andøya, die nördlichste Insel Vesterålens. Die Insel ist die zehntgrößte des Landes mit dem landesweit größten zusammenhängenden Moorgebietes.
Hier ist es deutlich ruhiger und wir finden einen schönen Ort namens Myre, an dem wir ein paar Tage verweilen. Das Wetter zeigt sich endlich mal wieder von seiner rauen Seite. Es ist windig, kalt und es schüttet aus Eimern. So wie man es von Norwegen manchmal eben erwartet.
Nach ein paar Tagen der Ruhe machen wir uns auf in Richtung Narvik. Auf dem Weg besichtigen wir Teile einer alten Bunkeranlage in Evenes. Die Stimmung an dem historischen Ort ist beklemmend. In manchen der Räume stehen sogar noch einige Bettgestelle. Auf dem Areal befindet sich ein Steinhaus, das im Volksmund auch Steinkirche genannt wird. Entworfen wurde sie von dem dänischen Künstler Bjørn Nørgaard. Die Skulptur ist 5,5 Meter hoch und besteht aus Granit. An den Innenwänden sind verschiedene Zeichnungen in Stein gemeißelt. Die Form entspricht einer norwegischen Stabkirche des frühen Mittelalters.
In Narvik angekommen, übernachten wir am Skilift, der zum Zeitpunkt unseres Besuchs geschlossen ist. Am Hafen warten einige Schiffe darauf, das von Kiruna mit dem Zug transportierte Eisenerz in die Welt zu verschiffen. Der Ausblick am Abend von hier oben ist traumhaft. Er erinnert uns ein wenig an unseren Karlsruher Hausberg, den Turmberg. Wir lauschen der Stille und beobachten die Lichter der Stadt bei einem leckeren Abendessen. Gekocht wird bei offener Tür, denn die Temperaturen lassen es zu.
Am nächsten Morgen werden wir um Punkt 7 Uhr aus dem Bett gerüttelt. Am Berg finden Sprengarbeiten statt und irgendwie sehen wir das als Zeichen, dass es nun Zeit ist, Norwegen mit diesem lauten Knall zu verlassen.
Für uns geht die Reise zurück nach Schweden.