(1) Wie aus einem Traum ein Plan wurde
Schon vor einigen Jahren haben wir zum ersten Mal davon geträumt: "einfach mal rauskommen, etwas anderes sehen".
Raus aus dem Alltagstrott, der sich über die Jahre nur allzu gut eingeschlichen hat und uns immer auf Trab gehalten hat.
Beruflicher Erfolg und das absolute Sicherheitsdenken, das sehr tief in uns verankert ist, haben unseren Traum immer wieder in den Hintergrund gedrängt; denn es war alles gut so wie es ist.
Aber war es das wirklich?
In den 20ern ist es meist noch okay, einfach mal etwas Neues auszuprobieren und vielleicht auch ein bisschen verrückt zu sein. Da heißt es oft, "ja, die sind ja noch jung und wollen sich ausprobieren".
Aber ist das in den 30ern, 40ern, 50ern auch noch erlaubt? Einfach mal verrückt sein und etwas Neues wagen?
Im Prinzip ist das Leben für jeden Menschen von Anfang an in irgendeiner Form festgelegt.
Nach der Kindheit und der Schulzeit kommt das Erwachsenwerden, man lernt, seinen Platz in der Gesellschaft einzunehmen.
Aber ab wann ist man erwachsen und wann genau endet die Kindheit?
Ist es nicht so, dass jeder Mensch eine individuelle Kindheit erlebt und diese einen auf dem Weg durchs Leben immer begleitet?
Wer entscheidet eigentlich, wann man wirklich erwachsen ist und welchen Weg man für sich selbst einschlägt?
Muss man sich, wenn man einmal einen Platz gefunden hat, für den Rest seines Lebens darauf ausruhen?
Und wie findet man ihn überhaupt? Den Weg. Den Platz. Und ist er wirklich der richtige für mich? Darf man sich noch umentscheiden?
Woher weiß man wirklich, was man für sein Leben erreichen will?
Welche Träume darf man leben, und welche aber doch nur träumen?



Oft fühlten wir uns auf eine Art "rastlos", die wir kaum in Worte fassen können. In den letzten Jahren ist unglaublich viel passiert. Wir waren immer so sehr mit der Welt um uns herum beschäftigt, dass wir keine wirkliche Zeit hatten, den ganz persönlichen Raum in uns zu hören und zu spüren.
Und vielleicht, gerade weil wir so sehr mit dem Außen beschäftigt waren, haben wir irgendwann das gemeinsame Gespräch gesucht, um herauszufinden, was für uns wichtig ist und darüber zu sprechen, was bisher kein Gehör gefunden hat.
Der Traum von einer längeren Reise hat uns in der einen oder anderen Form stets begleitet.
Ausschlaggebend war unser gemeinsamer Urlaub in Italien im vergangenen Jahr. Nun denkt man doch direkt an Dolce Vita, leckeres Essen, Sonne und Meer, Genuss und Entspannung.
Tatsächlich aber waren wir so erschöpft, beruflich und privat, dass wir die drei Wochen unseres wohlverdienten Jahresurlaubs fast verschlafen haben.
Da stellten wir uns zum ersten Mal wirklich bewusst die Frage: "Ist das normal, was hier gerade mit uns passiert?".
Zuhause waren wir direkt wieder im Alltag verankert und hatten wenig Zeit, über die am Ende des Urlaubs gestellte Frage weiter nachzudenken.
Vielleicht war das alles zu viel Stress in der Vergangenheit und wir lassen es jetzt erstmal richtig schön langsam angehen.
Aber nach einer Weile traten leider immer mehr körperliche und psychische Symptome auf. Man zog sich immer mehr in sich zurück und hat sich nach außen hin verstellt und sich eben so gut es ging zusammengerissen; irgendwie musste es ja weitergehen.
Tatsächlich hat das eine Zeit lang gut funktioniert, nur wenige haben gemerkt, dass etwas nicht stimmte und dass man sich immer mehr verändert.
Sich selbst einzugestehen, dass etwas nicht in Ordnung ist und es so nicht weitergehen kann, hat sehr lange gedauert. Für andere ist man in der Regel immer sofort da, aber für sich selbst?
Da war sie also, die Diagnose: Burnout und Depression.
Bizarre Gefühlsausbrüche, Stimmungsschwankungen, Panikattacken, Schlaflosigkeit. Was ist los mit mir und woher kommen all diese negativen Gefühle und Gedanken?
Für manche ist es wahrscheinlich undenkbar, sein verletzliches Inneres nach außen zu kehren. Manchmal ist es aber unglaublich befreiend, offen damit umzugehen.
Es ist ein sehr wichtiges Thema und ich weiß jetzt, dass es viel zu viele Menschen gibt, denen es genauso geht.
Wer meint, dass man sich nicht selbst aus dem Sog der negativen Gedanken befreien kann, hat eindeutig recht; zumindest an den schweren Tagen. Aber es gibt auch ein paar gute Tage und die gilt es zu nutzen.
An anderer Stelle werde ich das Thema sicher noch einmal aufgreifen und vertiefen. Jetzt werden aber erst einmal die trüben Gedanken durch positive ersetzt.



Natürlich folgten noch viele weitere Gespräche, Gedankenspiele und Gefühlsausbrüche, und schließlich nutzten wir einen unserer guten Tage, um mit der Planung und einer Ideensammlung zu beginnen. Es ist unglaublich, was bei so einem Austausch herauskommt, aber vor allem unglaublich interessant.
Wir erstellten Listen für unsere Reise, Vor- und Nachteile, Budgetplanung, Worst-Case-Szenarien.
Listen, um herauszufinden, was man von so einem Abenteuer erwartet. Und erwartet man überhaupt etwas?
Sicherlich fragen sich viele, warum man eine solche Reise gerade in der heutigen Zeit plant, wo doch wirklich so viel auf dieser Welt in Bewegung ist.
Wir haben auch sehr lange darüber nachgedacht, für uns allein und gemeinsam als Paar.
Aber am Ende kamen wir immer wieder auf den gleichen Punkt zurück, für uns gibt es keinen besseren Zeitpunkt als jetzt.
Denn man weiß einfach nicht im Voraus, was die Zukunft für einen bereithält und wie viel Zeit man hat.
Dann hat uns der Gedanke an unser erträumtes Abenteuer nicht mehr losgelassen und wir haben beschlossen, etwas im Leben zu ändern.
Der Plan steht fest: Job und Wohnung kündigen, Auto verkaufen, persönliche Dinge einlagern.
Alles, was seit einem Jahr nicht mehr in Gebrauch ist, wird gespendet, verschenkt oder verkauft.
Und plötzlich war da wieder dieses richtig gute Bauchgefühl, von dem man eigentlich gar nicht mehr wusste, dass es existiert.
Der Entschluss war gefasst und auf einmal kamen all diese unglaublich tollen Ideen für unsere geplante Reise auf.
Wohin wollen wir zuerst fahren? Wie lange bleiben wir an einem Ort?
Es gab und gibt so viele Fragen in unserem Kopf und wir haben beschlossen, viele davon erst einmal nicht zu beantworten.
Eine Frage war jedoch von Beginn an beantwortet:
Wir wollen neue Erfahrungen sammeln, Länder und Kulturen kennen lernen und vielleicht die eine oder andere Sprache lernen.
Die Idee, eine Website mit einem Reiseblog zu erstellen, fanden wir großartig.
Hier wollen wir Erlebtes festhalten, damit unsere Familie und Freunde immer bei uns sein können. Natürlich werden sie uns trotzdem furchtbar vermissen, das hoffen wir zumindest.
Das Ganze hat einen unglaublich schönen Nebeneffekt, denn es tut wirklich gut, sich all die Gedanken von der Seele zu schreiben.
Wenn auch du uns bei dem Abenteuer begleiten möchtest, freuen wir uns sehr.