Die Niederlande bestehen aus zwölf Provinzen: Drenthe, Gelderland, Groningen, Flevoland, Friesland, Limburg, Noord-Brabant, Overijssel, Utrecht, Zeeland, sowie Noord-Holland und Zuid-Holland. Offiziell heißt das Land "Königreich der Niederlande". Knapp 18 Millionen Menschen leben hier.
Von der ersten Sekunde an hat uns das Land verzaubert. Es ist Anfang April, wir fahren durch wunderschöne Ortschaften und bestaunen putzige Häuser. Überall duftet es nach Blumen: Hyazinthen, Narzissen und sogar die ersten Tulpen erblühen in ihrer Pracht.
Wir übernachten auf einem Bauernhof mit Blick auf einen kleinen See.
Am nächsten Morgen brechen wir Richtung Giethoorn auf. Leider mit leerem Magen, da die Hühner vom Hof kein einziges Ei gelegt haben. Ein kleiner Kaffee muss reichen.
Giethoorn, auch bekannt als das kleine Venedig der Niederlande in der nordöstlichen Provinz Overijssel, möchten wir uns unbedingt anschauen. Der Ort ist nahezu autofrei und prominent für seine Wasserstraßen. Für Fußgänger und Fahrradfahrer gibt es kleine Pfade, um das Örtchen auf dem Landweg zu erkunden.
Giethoorn befindet sich im größten Tieflandmoorgebiet Westeuropas. Die Stadt entstand vor vielen hundert Jahren durch den Abbau von Torf, der damals noch in Handarbeit gewonnen wurde. In getrockneter Form war er ein wertvoller Brennstoff und daher sehr gefragt.
Um den Torf zu transportieren, haben Arbeiter unzählige Kanäle gegraben. Die dadurch gewonnen kleinen Inseln im Ort sind heute mit über 150 Wegen und mehr als 180 kleinen Brücken verbunden.
Bis heute prägt das Wasser das Leben und die Kultur in Giethoorn. Hektik und Stress sind nicht Teil der dortigen Lebensart. Als Transportmittel werden die traditionell aus Holz gebauten Boote, auch Punter genannt, genutzt. Sie bewegen sich in einem angenehm langsamen Tempo durch die Kanäle und befördern alles, was beweglich ist. Damals wurde nicht nur Torf transportiert, sondern auch Molkereiprodukte, Kühe, Heu oder sogar ganze Hochzeitsgesellschaften.
Auf vielen Stellplätzen stehen die Camper wie in der Sardinenbüchse, denn die besten Plätze am Wasser sind sehr begehrt. Wir versuchen den Massen zu entfliehen und finden einen schönen Platz für die Nacht etwas außerhalb. Mit unseren neuen Campingnachbarn verstehen wir uns auf Anhieb, und auch bei ihren vierbeinigen Begleitern und Teddy stimmt die Chemie von Beginn an. Er verliebt sich neu und schließt Freundschaft mit Aras, einer amerikanischen Bulldogge. Ein Herz und eine Seele -Es wird getobt, geschmust und auch ein bisschen geknutscht. Unser Hund steht auf Jungs, das ist mittlerweile ganz sicher.
Wir haben Fotos von Giethoorn gesehen und wissen, was für ein Treiben dort herrschen kann. Pro Jahr erkunden über eine Million Touristen aus aller Welt das kleine Örtchen mit gerade mal 3000 Einwohnern. Unseren Besuch planen wir für den Abend. Eine gute Idee, denn wir haben das kleine Dorf fast für uns allein und können alles in Ruhe auf uns wirken lassen. Die reetgedeckten Häuser, viele davon jahrhundertealt, erzählen alle ihre eigene Geschichte.
In Tenaard landen wir erneut auf einem kleinen Bauernhof. Unser Auto steht auf einem mit Muscheln bedecktem Parkplatz. Wir sitzen in der Sonne, und Teddy macht es den Pferden auf der nahestehenden Koppel gleich und rollt sich im Gras. Hier waren die Hühner fleißig. Wir freuen uns über frische Eier vom Hof. Das nächste Frühstück ist gesichert.
Erst am Abend ziehen wir los, um die Gegend zu erkunden. Die Nordsee ist nicht weit und so packen wir unseren Rucksack und laufen zum nahegelegenen Deich. Die Abendstimmung ist wundervoll. Es herrscht Ebbe, und die Sonne verabschiedet sich langsam vom Tag. Auf dem Deich stehen einige Schafe, die leise vor sich hin meckern. Obwohl Hunde auf dem Deich erlaubt sind, und Teddy sich in Nähe der Schafe sehr vorbildlich verhält, nehmen wir einen Umweg. Viele Schafe haben frische Lämmchen und die möchten wir nicht stören.
Wir genießen die letzten Sonnenstrahlen des Tages. Während Teddy zwei Möwen am Himmel beobachtet, hält Thorsten die Abendstimmung auf Fotos fest. Wir sind stundenlang unterwegs und kommen erst im Dunkeln zurück.
Ostern steht vor der Tür und wir finden einen Platz in Musselkanaal. Hier verbringen wir die Feiertage mit bekannten Gesichtern und Hundenasen. Teddys Freund Aras ist mit seinem Herrchen und Frauchen auch hier. Die ältere vierbeinige Hundedame des Hauses, namens Babe, will recht wenig von Teddy wissen. Das stört ihn dieses Mal aber nicht, denn sein Bullyfreund lenkt ihn ganz gut mit Spielereien ab.
Wir erkunden die Umgebung, trainieren mit den Hunden, kochen gemeinsam leckeres Essen und führen intensive Gespräche. Am Ende des Tages sind wir zu sechst und haben vier Hunde um uns herum wuseln. Sechs fremde Menschen, die sich auf Anhieb verstehen. Und obwohl wir uns eigentlich gar nicht kennen und jeder eine ganz individuelle Geschichte hat, merken wir, dass es doch viele Gemeinsamkeiten gibt. Denn jeder hat einen Weg für sich gewählt, der sich richtig anfühlt. Auch wenn es vielleicht nicht gerade der ist, der gesellschaftlich anerkannt ist.
Letztendlich ist es doch völlig egal, was wir im Leben machen oder vielleicht auch nicht machen. Am Ende muss jeder selbst zu seinen Entscheidungen stehen. Denn egal, welchen Weg wir auch einschlagen, es wird immer Raum für Unverständnis, Kritik oder vielleicht sogar Neid geben.
Auch wir bekommen an manchen Tagen noch ordentlichen Gegenwind, der uns natürlich sehr zum Nachdenken anregt. Wir sprechen sehr oft darüber, doch am Ende einer jeden Gedankenspirale kommen wir immer wieder zum gleichen Ergebnis: Beide sind wir froh, es gewagt zu haben, aus dem Alltag auszubrechen und eine Reise ins Ungewisse zu starten.
Wir beschließen noch ein paar Tage gemeinsam mit unseren neuen Bekannten durch die Niederlande zu fahren und landen in Zwarte Haan.
Der Ort in der Wattenmeer-Region ist bekannt für seine Vielzahl an Vögeln, die man von hier aus beobachten kann. Sogar ein Fasan ist hier auf dem Stellplatz zu Hause. Er lässt sich aber oft nur nachts blicken und schleicht an den Campern vorbei.
Der Deich ist nur einen Steinwurf entfernt. Zusammen mit unserem Tierschutzhund und der Kamera machen wir uns auf den Weg. Es ist bewölkt und es weht eine steife Brise, die wir aber gut aushalten. Die Regenjacke bleibt zu Hause, dafür nehmen wir das Fernglas mit.
Wir haben Glück, denn auf den höhergelegenen Salzwiesen, die den natürlichen Übergang zwischen Land und Meer bilden, entdecken wir hunderte Wildgänse. Obwohl das Geschrei der Tiere groß ist, verhält sich Teddy sehr ruhig und beobachtet alles aus der Entfernung. Thorsten fängt die Szenen ein und für einen kurzen Moment wünscht er sich ein neues Objektiv, um noch näher am Geschehen sein zu können.
Auch für Entenarten, wie die Bergente, ist dies ein willkommener Ort. Es kommt vor, dass sie sich hier während der Mauser, dem Wechsel des Gefieders, mit Tausenden ihrer Artgenossen aufhalten.
Wie sollte es auch anders sein. Plötzlich fängt es zu regnen an. Der Wind peitscht uns dicke Tropfen ins Gesicht. Wir beschließen, den Rückweg anzutreten. Kaum sind wir zurück, reist der Himmel auf, die Sonne zeigt ihr Gesicht und der Regen verabschiedet sich für den Rest des Tages. Vielen Dank, liebes Aprilwetter, du bist großartig.
Schon wieder heißt es für uns: Willkommen auf dem Bauernhof. Am Morgen dürfen wir bei der Fütterung helfen und staunen nicht schlecht. Es gibt nicht nur Alpakas, sondern auch etliche andere Tiere, die wir hautnah erleben dürfen. Enten, Hühner, Truthähne, Muntjaks, weiße Hirsche, ein kleines Wallaby und sogar ein Pfau leben auf der Farm. Alle Tiere sind sehr zutraulich und kommen uns ziemlich nahe. Die Alpakas sind sehr eigen und suchen sich die Menschen aus. Entweder sie mögen einen oder nicht. Der erste Blick entscheidet.
Während ich mich direkt mit einem zuckersüßen Alpaka anfreunde, hat Thorsten nur Augen für die beiden Truthähne. Einer der beiden möchte seine volle Aufmerksamkeit, und springt ihm mit Anlauf ins Genick. Beim Landen gluckert er mit seinem Artgenossen ulkig vor sich hin. Wie zwei kleine Lausbuben, die sich über einen gelungenen Streich freuen.
Zum Abschied bekommen wir vom Besitzer eine Handvoll frische Eier geschenkt und wir fragen ihn, was er von dem Wort "Holländer" hält. Mit einem Augenzwinkern erzählt er uns, dass sich Einheimische mittlerweile oft selbst so nennen, obwohl die richtige Bezeichnung "Niederländer" ist.
Teddy hat im Auto auf uns gewartet und weiß bei all den neuen Gerüchen auf unserer Kleidung gar nicht, wo er anfangen soll. Es dauert eine Weile, bis er jeden Zentimeter komplett beschnüffelt hat.
Nach tollen Tagen verabschieden wir uns von unseren Weggefährten und Teddys vierbeinigen Freunden. Seinen Kumpel Aras würde er am liebsten mitnehmen. Es war eine tolle Zeit, und wir freuen uns auf ein Wiedersehen.
Wir begeben uns auf Tulpenjagd und besuchen auf Empfehlung Einheimischer einen kleinen Blumengarten im Nordosten der Niederlande. Die Farbenpracht soll genauso schön sein, wie auf großen Feldern im Süden, nur eben auf kleinstem Raum und völlig kostenlos. Einen richtigen Parkplatz finden wir nicht, und so warten Thorsten und Teddy im Auto, während ich mit der Kamera losziehe. Nach nur wenigen Fotos in dem wundervoll angelegten Garten, fängt es in Strömen an zu regnen. Die mit Regentropfen bedeckten Blüten sehen besonders schön aus, aber die Regenwand lässt mich schnell wieder ins Trockene flüchten.
Da es auf unserem Weg liegt, fahren wir in Richtung der großen Tulpenfelder, südlich von Amsterdam. Wir sind ziemlich enttäuscht, denn überall finden wir Verbotsschilder und Absperrungen. Sogar auf öffentlichen Parkplätzen steht, dass man dort nicht anhalten darf, um Fotos zu machen. Verwundert sind wir darüber keineswegs, denn wir erleben hautnah, wie rücksichtslos viele Urlauber sind. Trotz Verbot stapfen sie über Begrenzungen und laufen über die Felder, um mittendrin ein Erinnerungsfoto zu schießen. Jahr für Jahr werden so unendlich viele Pflanzen zerstört und ein Schaden in großer Höhe angerichtet. Viele wissen nicht, dass die Vermehrung der Tulpenzwiebel nur gelingt, wenn die Tulpen unbeschadet verblühen. Die Züchter lassen sich daher immer neue Ideen für Abgrenzungen einfallen. Zur Krönung fährt uns fast ein Fahrradfahrer, der freihändig versucht Fotos zu machen, ins Auto rein. Wir können mal wieder nur den Kopf schütteln. Bloß raus aus dem Touristentrubel. Wir wissen schon, warum wir uns immer Orte abseits der Massen suchen.
Die Niederlande sind bekannt für ihre Tulpen und Tulpenzwiebeln. Deren Geschichte geht weit bis in die Vergangenheit zurück. Die Tulpenmanie, eine Periode des goldenen Zeitalters des Landes, fand in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts statt. Tulpen wurden in dieser Zeit zum Liebhaber- und Spekulationsobjekt. Sie wurden in sozial gehobenen Schichten kultiviert und es begann ein Tauschhandel unter Liebhabern. Zum Ende des 16. Jahrhunderts wurde kommerziell damit gehandelt. 1630 schoss der Preis für die begehrten Zwiebeln in unsägliche Höhen. Sieben Jahre später brach der Markt zusammen.
Auch Markgraf Carl Wilhelm hat sich von dem Tulpenzauber faszinieren lassen und reiste in die Niederlande, um die Zwiebeln in seine Heimat Karlsruhe zu bringen.
Wär hätte das gedacht? Kurz bevor wir die Tulpenregion hinter uns lassen, finden wir ein kleines Feld und sogar einen Parkplatz. Am Feldrand gelingen uns tolle Fotos. Während wir eine ganze Weile auf die farbenfrohe Blütenpracht blicken, kommen und gehen die Besucher. Sogar einige Limousinen mit Chauffeurservice und ein Filmteam können wir beobachten. So schnell sie alle gekommen sind, so schnell sind sie auch schon wieder weg. Wir genießen den Platz noch ein wenig alleine, bevor es auch für uns weitergeht.
Die meisten Großstädte lassen wir hinter uns. Die Industrieromantik am Hafen von Rotterdam möchten wir uns aber nicht entgehen lassen. Das Hafengebiet erstreckt sich vom Stadtkern bis hin zur Nordsee über sage und schreibe 40 Kilometer. Die Gesamtfläche beträgt rund 100 Quadratkilometer. Mit dem Bau des Europoort in den 50er Jahren gehört Rotterdam seit 1962 zu den weltweit größten Seehäfen und ist zudem der größte Tiefwasserhafen Europas. Schiffe bis zu einem Tiefgang von 24 Metern können in einigen Docks direkt anlegen und sparen so sehr viel Zeit. Container, Kohle, Obst, Gemüse, vor allem aber für den Transport und die Verarbeitung von Rohöl ist der Hafen bis heute relevant. Es gibt vier große Raffinerien und einige Firmen aus der Chemie- und Erdölbranche, die sich um die Weiterverarbeitung kümmern. Die Zahlen rund um den Hafen sind beeindruckend. In 2022 legten über 28.000 Seeschiffe und über 99.000 Binnenschiffe am Hafen an. Insgesamt wurden mehr als 460 Millionen Tonnen Güter und über 9 Millionen Container umgeschlagen.
Den Schiffen beim Manövrieren zuzusehen ist unglaublich spannend und so vergehen mehrere Stunden, ohne dass wir es wirklich merken. Eines bemerken wir aber zum Glück kurz vor Abfahrt doch. Im Gras stehen ein paar verlassene Schuhe und die gehören zu uns. Es sind die Outdoorschuhe von Thorsten, die er beim Einsteigen vergessen hat. Seit wir in Schweden losgefahren sind, haben wir jeder zwei Paar Schuhe an Board. Ein Paar wird zum Fahren genutzt, ein anderes für alle Aktivitäten außerhalb des Campers. So bleibt alles sauber und vor allem trocken, wenn es einmal regnet.
Obwohl es schon später Nachmittag ist und der Tag voller Eindrücke war, ist Thorsten in Fahrlaune. Fahren bis es dunkel wird, fahren bis er müde ist.
Die meisten Plätze sind oft schon früh am Tag belegt und wir gehen sowieso nicht davon aus, für heute einen schönen Platz zu finden. Also was solls, weiter geht die Fahrt.
Der Hafen von Rotterdam scheint der perfekte Lebensraum für Fasane zu sein. Es sind so viele, dass wir irgendwann aufhören sie zu zählen.
Am Abend erreichen wir Middelharnis. Bei der Durchfahrt durch den kleinen verwunschenen Ort, rennt eine Frau ganz aufgeregt an unserem Auto vorbei und winkt uns zu. Wir können es nicht fassen: ein bekanntes Gesicht, welches wir zuletzt in Nordschweden getroffen haben. Hier ist noch ein Platz frei und wir beschließen zu bleiben.
Gemeinsam mit ihrem Mann und dem kleinen Hund Rambo genießen wir eine kleine schwedische Fika-Stunde mit Kaffee und Keksen. Wir tauschen unsere Reiseerlebnisse aus und stellen fest, wie unfassbar klein die Welt doch ist.
In der Dämmerung schauen wir uns das Städtchen und den kleinen Hafen an. Wir schätzen es sehr, an diesem Abend nicht selbst kochen zu müssen und bestellen uns eine Pizza.
Zum Abschluss unseres Besuchs in den Niederlanden heißt es am nächsten Tag: einmal Frikandel Spezial bitte! Eine frittierte Hackrolle mit Pommes Rot-Weiß muss man einfach mal probiert haben.
Wir hatten eine tolle Zeit im Land der Kanäle, Windmühlen und Tulpen. Dank je wel!